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Minderjährige mit Behinderungen in der DDR

Studie zu Unterbringung, Betreuung und Förderung in den Nordbezirken / Anmeldungen bei der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ bis Ende 2020


Über den Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in der DDR ist bisher wenig bekannt. Die soeben bei der Landesbeauftragten für MV für die SED-Diktatur erschienene Studie von Falk Bersch „Kinder und Jugendliche in sonderpädagogischen, psychiatrischen und Behinderteneinrichtungen in den DDR-Nordbezirken“ nimmt die historische Entwicklung der Unterbringung, Betreuung und Förderung der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen in den Bezirken Neubrandenburg, Rostock und Schwerin in den Blick.

Untersucht werden dabei auch die sich wandelnden rechtlichen und gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen in der DDR. Ein zweiter Teil der auf zwei Bände angelegten Studie wird sich mit einzelnen Einrichtungen befassen.

Wichtig sind die Erkenntnisse der Studie auch für die 2017 bei der Landesbeauftragten eingerichteten Anlauf- und Beratungsstelle der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“, an die sich bisher über 1.200 Betroffene gewandt haben.

Diese Betroffenen waren als Minderjährige in der DDR in Nervenkliniken und deren Außenstellen, in kirchlichen und staatlichen Behinderteneinrichtungen oder in Internaten von Hilfs- bzw. Sonderschulen untergebracht. Für heute noch fortwirkende Folgen ihrer Unterbringung können diese Menschen einen Ausgleich der Stiftung erhalten. Anmeldungen dafür sind bis Jahresende 2020 möglich.

Die Publikation von Falk Bersch in der Schriftenreihe der Landesbeauftragten wurde aus Mitteln des Strategiefonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern gefördert.

Zitate
Anne Drescher, Landesbeauftragte:
„Betroffene berichten über Schläge, Demütigungen, Essensentzug, Fixierung in Netzbetten. Bildung und Förderung sind ihnen versagt worden. Auf ein selbstbestimmtes Leben nach der Entlassung wurden sie nicht vorbereitet.
Der DDR wird von vielen Seiten nach wie vor ein vorbildliches Gesundheits- und Sozialwesen attestiert. Bei genauer Betrachtung bekommt dieser Mythos tiefe Risse. Gerade im Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen als schwächsten Gliedern der Gesellschaft zeigt sich in der DDR eine tiefe Diskrepanz zwischen den ideologischen Phrasen und den erschütternden Zuständen in den Einrichtungen.
Durchgängig vom Anfang bis zum Ende der DDR sind gerade diese häufig von der bloßen Verwaltung des Mangels geprägt. Die unzureichende personelle und materielle Ausstattung ist eine wesentliche Ursache für strukturelle, physische und psychische Gewalt, der die Betroffenen ausgesetzt waren.“

Falk Bersch, Autor:
„Der DDR-Rehabilitationspädagoge Klaus-Peter Becker versicherte 1984, es sei für Geschädigte in der DDR verbrieftes Recht, als ebenbürtige Staatsbürger vollständig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Dem entgegengesetzt behauptete das Magazin STERN Mitte 1990 in einem Bericht, dass in der DDR keine Förderung für Behinderte existiere. Beide Aussagen sind falsch und machen deutlich, dass es eine pauschale Aussage über die Situation behinderter Kinder und Jugendlicher in der DDR nicht geben kann. Geprägt sind der größte Teil der Behinderteneinrichtungen aber bis zum Ende der DDR durch Großstationen, Überbelegung, mangelnde Tagesstrukturierung, bauliche Mängel, unzureichendes Personal sowie Überalterung, welche die von den Betroffenen berichteten Missstände begünstigten.“

Falk Bersch: Kinder und Jugendliche in sonderpädagogischen, psychiatrischen und Behinderteneinrichtungen in den DDR-Nordbezirken. Teil 1: Die historische Entwicklung. ISBN 9783933255594. Schutzgebühr 6 Euro.

Online bestellt werden kann das Buch unter
www.landesbeauftragter.de/publikationen/aktuelle-publikationen/

Das Buch ist auch erhältlich in der Geschäftsstelle der Landesbeauftragten
Tel.: 0385-734006, Fax: 0385-734007, Mail: post{at}lamv.mv-regierung.de.





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